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Annex 1: Werkbank vs. Isolator

  • Lesedauer: 5 Minuten
  • Erstellt am: 27.02.2025
  • Kommentare: 0

Annex 1 setzt hohe Standards für sterile Produktionsprozesse und betont die Bedeutung eines kontrollierten Umfelds. Geschlossene Systeme wie Isolatoren können dabei helfen, Sicherheit zu erhöhen, Kreuzkontaminationen zu vermeiden und GMP-konforme Prozesse zu unterstützen. Erfahren Sie, welche Vorteile diese Systeme bieten und in welchen Fällen ihr Einsatz besonders sinnvoll sein kann.

Annex 1 – Ein außergewöhnliches Regelwerk

Annex 1 ist ein bedeutendes Regelwerk für die Herstellung steriler Produkte. Im Gegensatz zu vielen anderen Vorschriften enthält es nicht das Wort „muss“, sondern verwendet durchgehend „sollte“. Dies verdeutlicht, dass es sich um eine Empfehlung und keinen zwingenden Standard handelt. Dennoch setzen viele Behörden und Unternehmen auf diese Vorgaben, um höchste Sicherheitsstandards zu gewährleisten.

Auch wenn Annex 1 ursprünglich für die sterile Produktion von Arzneimitteln entwickelt wurde, lassen sich viele seiner Inhalte auf andere Bereiche wie die Herstellung nicht steriler Produkte übertragen. Damit bietet es eine wertvolle Orientierung für Unternehmen, die Prozesse auf ein höheres Sicherheitsniveau bringen wollen.

GMP & Annex 1 – Wo liegt der Unterschied?

Während Annex 1 sich speziell mit sterilen Produktionsprozessen befasst, ist das GMP-Regelwerk (Good Manufacturing Practice) deutlich weiter gefasst. GMP betrifft nicht nur die Arzneimittelproduktion, sondern auch Lebensmittel, Kosmetika und Futtermittel. Überall dort, wo mikrobiologische und partikuläre Kontaminationen eine Rolle spielen, gelten GMP-Richtlinien als unverzichtbar.

Annex 1 ist daher ein Teilbereich des GMP-Systems, das Unternehmen bei der Herstellung steriler Produkte unterstützt, indem es strukturiert aufzeigt, wie sich Kontaminationsrisiken vermeiden lassen.

Offene Werkbänke: Risiken für Produkte und Mitarbeitende

Offene Werkbänke sind in vielen Bereichen nach wie vor im Einsatz – und das mit gutem Grund. Sie sind einfach zu bedienen und bieten eine gewisse Schutzfunktion. Allerdings gibt es Schwachstellen, die im Kontext von Annex 1 und GMP nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Die größte Herausforderung liegt in der Zonenverschleppung: Durch Luftströmungen oder unkontrollierte Handbewegungen können Partikel aus offenen Systemen in die Umgebung gelangen oder umgekehrt in den sterilen Bereich eindringen. Zudem sind menschliche Faktoren ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Menschen gewöhnen sich schnell an Abläufe – mit der Zeit kann das Bewusstsein für kritische Prozessschritte abnehmen.

Ein weiteres Problem ist die Einflussnahme durch externe Faktoren. Türen, die geöffnet werden, Personen, die vorbeigehen – all das kann zu Luftverwirbelungen führen, die den sterilen Zustand gefährden. Diese Risiken machen offene Werkbänke für bestimmte Anwendungen ungeeignet.

Die Lösung: Geschlossene Systeme & Isolatoren

Die Entwicklung hin zu geschlossenen Systemen wie Isolatoren ist keine kurzfristige Modeerscheinung, sondern eine notwendige Anpassung an steigende Sicherheitsanforderungen. Besonders in der Pharmaindustrie haben sich Isolatoren etabliert, da sie das Risiko von Kreuzkontaminationen und Partikeleinschleppungen erheblich reduzieren.

Ein Beispiel aus der Mikroelektronik zeigt, wie weit die Technologie bereits ist: In der Herstellung von Mikrochips wäre es unvorstellbar, mit offenen Systemen zu arbeiten. Sämtliche Prozesse finden dort in geschlossenen Umgebungen statt, um selbst kleinste Partikelkontaminationen zu vermeiden. Die Pharmaindustrie zieht mit dieser Entwicklung nach.

Isolatoren ermöglichen eine vollständige Trennung der Prozessumgebung von der Außenwelt. Sie sind mit integrierten H₂O₂-Bio-Dekontaminationssystemen, sicheren Materialschleusen und fortschrittlichen Strömungstechnologien ausgestattet. Dadurch entsteht eine stabile und sterile Arbeitsumgebung, die sowohl das Produkt als auch die Mitarbeitenden schützt.

Der Umstieg von Werkbank zu Isolator – Wie gelingt er?

Der Wechsel von offenen zu geschlossenen Systemen stellt viele Unternehmen vor Herausforderungen. Besonders in Krankenhausapotheken, die unter denselben Regularien wie pharmazeutische Betriebe arbeiten müssen, ist dieser Schritt entscheidend.

Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Umstellung ist die Akzeptanz und Schulung der Mitarbeitenden. Arbeiten in einem Isolator unterscheidet sich von der Arbeit an einer offenen Werkbank – Handschuheingriffe können zunächst als ungewohnt empfunden werden. Eine gute Planung und Mock-up-Studien, bei denen die Arbeitsabläufe in einem Dummysystem simuliert werden, helfen dabei, Arbeitsprozesse zu optimieren und die Bedienbarkeit zu verbessern.

Die Automatisierung spielt dabei eine immer größere Rolle. Viele moderne Isolatoren reduzieren den menschlichen Eingriff auf ein Minimum, indem Prozesse zunehmend robotergestützt oder durch Hands-Free-Technologien durchgeführt werden.

H₂O₂-Dekontamination & Prozessüberwachung – Ein neuer Standard

Die H₂O₂-Bio-Dekontamination (Wasserstoffperoxid) ist heute der Goldstandard für die Dekontamination in geschlossenen Systemen. Während sich Luftpartikel durch Filtertechnik entfernen lassen, ist die Oberflächenkontamination eine große Herausforderung. H₂O₂ sorgt für eine effektive Abtötung von Keimen und hat sich gegenüber anderen Verfahren wie Essigsäure oder Chlordioxid als praktikabelste und effizienteste Lösung etabliert.

Doch die Technik entwickelt sich weiter: Zukunftsweisende Isolatoren setzen bereits auf UV-Bestrahlung und ionisierte Dekontaminationsverfahren, um Reinigungsprozesse noch effizienter zu gestalten.

Zukunftsausblick: Werden geschlossene Systeme der neue Standard?

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt eine klare Tendenz: Geschlossene Systeme sind auf dem Vormarsch und werden in immer mehr Bereichen zum Standard. Besonders bei der Herstellung von sterilen Produkten führt kaum noch ein Weg an Isolatoren vorbei.

Allerdings haben auch offene Werkbänke weiterhin ihre Berechtigung – in Bereichen, in denen eine kontrollierte Umgebung ausreicht und das Risiko überschaubar bleibt. Der Wandel wird nicht über Nacht erfolgen, aber die Tendenz hin zu sichereren, automatisierten und standardisierten Prozessen ist unverkennbar.

Fazit: Warum jetzt handeln?

Für Unternehmen und Apotheken, die langfristig auf Sicherheit und GMP-Konformität setzen möchten, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um über den Wechsel auf geschlossene Systeme nachzudenken. Die Anforderungen werden nicht geringer – im Gegenteil: Die Zukunft gehört den Isolatoren.

Die Kombination aus höchster Sterilität, Prozesskontrolle und Automatisierung bietet klare Vorteile und schafft eine sichere Grundlage für die Herstellung steriler Produkte. Dabei ist es entscheidend, dass Unternehmen diesen Wandel aktiv gestalten, Mitarbeitende mit einbinden und von den technologischen Fortschritten in der Reinraumtechnik profitieren.

Jetzt reinhören!

Über diesen Beitrag

Dieser Blogbeitrag basiert auf der ersten Folge des Ortner Podcasts, in der Josef Ortner über Annex 1, GMP und die Zukunft geschlossener Systeme spricht. Sie möchten tiefer in das Thema einsteigen? Dann hören Sie die komplette Folge auf YouTube oder Spotify.

📍 YouTube: https://youtu.be/dDlUoGK6vMg?si=HHr3AWapTS7IvwEZ
📍 Spotify: https://spotifycreators-web.app.link/e/movUIR0rkRb

Fazit

Die Anforderungen an sterile Produktionsprozesse steigen kontinuierlich. Annex 1 empfiehlt den Einsatz geschlossener Systeme, um das Risiko einer Kontamination zu minimieren. Isolatoren bieten dabei eine zuverlässige Lösung für GMP-konforme Prozesse, da sie Sterilität sichern, Arbeitsabläufe optimieren und den Schutz der Mitarbeitenden erhöhen. Ein durchdachter Wechsel auf geschlossene Systeme kann langfristig zur Prozesssicherheit beitragen.

Frage zur Seite

Warum empfiehlt Annex 1 geschlossene Systeme in der sterilen Produktion?

Annex 1 betont die Bedeutung geschlossener Systeme, um das Risiko von Kreuzkontaminationen und Zonenverschleppung zu minimieren. Geschlossene Systeme wie Isolatoren bieten eine kontrollierte Umgebung mit validierter Bio-Dekontamination und sorgen für mehr Sicherheit in der sterilen Herstellung.

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